Die Verbindung zwischen Pädagogik, Psychologie, Soziologie und Neurowissenschaften

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28.04. 2008

Neuro6

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Wahrnehmung I

 

Die Psychologie der Wahrnehmung beschäftigt sich mit den psychologischen Grundlagen der Wahrnehmung.

Die (Neuro-)Physiologie der Wahrnehmung beschäftigt sich mit den biologischen Grundlagen der Wahrnehmung.

Beide Wissensgebiete ergänzen sich wechselseitig und tragen zum tieferen Verständnis von Lernprozessen bei.

Sie sind wichtige Teilgebiete der Pädagogischen Psychologie:

Die Basis  aller Lernprozesse ist die Wahrnehmung

Gesteuert wird die Wahrnehmung unter anderem durch Aufmerksamkeitsprozesse. (Ich habe hier z.B. versucht, Ihre Aufmerksamkeit für den vorangehenden Satz durch die Veränderung der Schrift und Schriftgröße zu steuern

Aus diesem Grunde hat das Thema Wahrnehmung auf meinen Webseiten einen besonderen Stellenwert und soll daher besonders ausführlich behandelt werden.  

Wichtige Teilbereiche sind:

  • Unsere Sinne ”Sinneswahrnehmungen”, Entwicklung der Sinne
  • Entwicklung der visuellen Wahrnehmung
  • Entwicklung der auditiven Wahrnehmung
  • Aufmerksamkeit, Steuerung der Aufmerksamkeit
  • Die Bedeutung der Emotionen im Wahrnehmungsprozess

Wahrnehmung und Aufmerksamkeit - Ein Ãœberblick

In diesem Abschnitt sollen neuropsychologische und entwicklungspsychologische Grundlagen von Wahrnehmung und Aufmerksamkeit besprochen werden. An verschiedenen Beispielen soll gezeigt werden, dass die (entwicklungsbezogenen) Fähigkeiten - insbesondere der visuellen und auditiven Sinnessysteme – eine bedeutsame Basis für die Wahrnehmungsfähigkeiten eines Grundschulkindes bilden. (Fein-)Motorische Prozesse  werden aufgrund der unzureichend vorhandenen wissenschaftlichen Ressourcen nicht betrachtet.

Wir sind einer riesigen Anzahl von Reizen ausgesetzt. Dennoch werden wir in der Regel nicht von Reizen überflutet. Wir könnten all diese Reize auch nicht auf einmal verarbeiten, da unsere Wahrnehmungssysteme begrenzte Kapazitäten besitzen. Für Pädagogen stellt sich die Frage, wie wir unsere Umwelt angemessen erfassen können, wie ein Kind seine Umgebung wahrnimmt bzw.  wahrzunehmen lernt.

Das Neugeborene

Zunächst verfügt ein Neugeborenes über stark eingeschränkte sensorische Fähigkeiten, welche automatisch zu einer Beschränkung der Wahrnehmungsmöglichkeiten führt.  Die zunehmenden Fähigkeiten führen allmählich zu ständig anwachsenden Möglichkeiten:

Um eine (soziale) Situation erfassen zu können, muss diese über die jeweiligen Sinneskanäle wahrgenommen, verarbeitet und interpretiert werden. Um wahrzunehmen, muss die Aufmerksamkeit selektiv auf das zu Erfassende gerichtet sein. Die relevanten Merkmale müssen ausgefiltert und verarbeitet werden, irrelevante Merkmale müssen ignoriert werden.

Zunächst ergeben sich für die Wahrnehmungsfähigkeiten chronologisch gesehen folgende Entwicklungen: 

  1. Ausreifung der bei Geburt unvollständig entwickelten Sinneskanäle (visuell, auditiv und motorisch), im Sinne einer biologischen Reifung
  2. „Erlernen“ einer angemessenen Wahrnehmung in der Auseinandersetzung mit der Umwelt, im Sinne einer interaktiven biologisch-strukturellen Reifung
  3. Kulturell adaptive Lernprozesse der Wahrnehmung, im Sinne einer Adaption an überlieferte Wahrnehmungsanforderungen (z.B. kulturell geprägtes Sozialverhalten und dessen korrekter Wahrnehmung, oder Erwerb der sog. „kalten“ Kognition schulischen Lernens...) 

Die Aufmerksamkeit von Säuglingen ist noch sehr grob. Mit zunehmendem Alter steigt die Fähigkeit zur selektiven Wahrnehmung, die wichtigsten Funktionen der Sinnesorgane sind bereits im Kleinkindalter ausgereift. Allerdings entwickeln sich die Fähigkeiten der Verarbeitung und Interpretation, sowie die erwartete, gezielte Aufmerksamkeit in spezifischen Kontexten (z.B. Schule) kontinuierlich weiter.

Gezielte Aufmerksamkeit erfordert die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, überflüssige Elemente zu ignorieren (sog. Inhibitorische Prozesse) und die Aufmerksamkeit auf die tatsächlich relevanten Aspekte zu richten.

Entwicklung der Aufmerksamkeit:  Von einem Extrem zum Anderen

Die Aufmerksamkeit von Säuglingen und Kleinkindern ist zunächst überselektiv. Dabei werden einzelne Reize ausgefiltert und oft nur über einen Wahrnehmungskanal aufgenommen und verarbeitet.  (Ross & Petermann, 1987)[1]. Mit Beginn der Schulzeit schlägt diese Form der Filterung fast in das Gegenteil um. Die Aufmerksamkeit richtet sich nun auf alle möglichen Details, welche für die Wahrnehmung oder die Lösung einer Aufgabe keinerlei Relevanz besitzen. Erst mit ca. 12 Jahren haben Kinder ein ausgewogenes Aufmerksamkeitsverhalten erreicht !!

Die „Filter“ der Wahrnehmung und selektiven Aufmerksamkeit, sind die uns verfügbaren Sinnesorgane für das Sehen, Hören, Schmecken, Riechen, Tasten. Kombinationen unserer Sinne sorgen dafür, dass wir uns bewegen und orientieren können.

Die Wissenschaft suggeriert häufig eine durchgehende Überlegenheit der menschlichen Spezies. Gerade in Bezug auf unsere Sinnesorgane werden wir im Vergleich zu manchen Sinnesorganen in der Tierwelt eines Besseren belehrt:

So ist z.B. der Geruchssinn des Hundes dem menschlichen Geruchssinn deutlich überlegen. Das Gleiche gilt für den Hörsinn. Es gibt jedoch auch Tiere, welche Reize wahrnehmen können, für die der Mensch überhaupt kein Sinnesorgan besitzt (z.B. Ultraschall, Infraschall, Infrarot, UV-Licht, elektrische und magnetische Felder). (siehe Exkurs


[1]Ross, A.O. & Petermann, F. (1987). Verhaltenstherapie mit Kindern und Jugendlichen. Methoden und Anwendungsgebiete. Hippokrates Stuttgart

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  Monika Armand --  Diplom Pädagogin -- Dürkopstr. 20 -- 33790 Halle (Westf.) --  Email: MonikaAr(at)web.de