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28.04. 2008

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Wahrnehmung: Exkurs - “Tierische Wahrnehmung”

 

Möglichkeiten und Grenzen menschlicher und tierischer Sinnesorgane

Im Dunkeln vermögen wir aufgrund unserer begrenzten Wahrnehmung nur unscharf zu sehen. Es fehlen die Kontraste:

Abb4

                                                         Abb. 1:Bild aus HighTech Natur[1], Seite 100


[1] High Tech Natur, Begleitbroschüre zu den Sonderausstellungen: Wachsen und bauen – Alles in Bewegung – Von Sinnen – ISSN1018-2462, November 2000, Herausgeber Natur-Museum Luzern, www.naturmuseum.ch

Jedoch gibt es Tiere (Nagetiere, Nachtschwalben, Schlangen, Kröten etc.), deren Augen besonders für das „Dunkelsehen“ ausgestattet sind:

  1. Die Sehstäbchen auf ihrer Netzhaut zeigen eine besonders große Dichte
  2. Ihre Augen sind sehr groß, so dass diese viel Licht sammeln können
  3. Sie haben eine reflektierende Schicht hinter der Netzhaut, so dass das einfallende Licht zweimal auf die Sehstäbchen in der Netzhaut treffen.

Darüber hinaus gibt es Tiere, wie z.B. die Fledermaus, welche mit den Ohren „sehen“ können: Sie orten ihre Lage über das Echo. Flughunde schnalzen für uns hörbar mit der Zunge und erzeugen so Echos. Fledermäuse können mit ihrem Kehlkopf Ultraschalltöne erzeugen, senden diese über ihren Mund oder ihre Nasenlöcher aus. 10-30 Laute werden pro Sekunde ausgestoßen. Damit können sie Hindernisse oder Beutetiere in einer Entfernung von 8-10 Metern wahrnehmen. Erstaunlich ist ihre Fähigkeit, ihre eigenen Ultraschalltöne und Echoantworten von anderen Tieren zu unterscheiden.

Abb5

Abb.2: Bild aus HighTech Natur, Seite 100

Unsere Sehschärfe entwickelt sich erst allmählich nach der Geburt. Ein Säugling dürfte einen Hund in etwa so sehen, wie auf dem rechten Bild gezeigt. Viele Tiere sehen unschärfer, als wir Menschen.

Abb6

Abb 3:Bild aus HighTech Natur2, Seite 104 

Der Wanderfalke allerdings besitzt die Fähigkeit aus 100m Höhe, ein 1,2 cm großes Objekt am Boden zu erkennen. Auch beim Sichtbereich oder Sichtfeld gibt es zwischen Mensch und Tier Unterschiede.

Je nachdem, welche Art von Augen ein Tier besitzt oder, wie am folgenden Beispiel gezeigt, an welchen Stellen und in welcher Form die Augen am Körper sitzen, ergeben sich unterschiedliche Sehwinkel (Fisch = 170°):

Abb8

Abb4: HighTech Natur Bild Seite 105:

„Um eine Erweiterung des Gesichtsfeldes zu erreichen, ist die Linse im Fischauge so befestigt, dass sie aus der Pupille herausragt. Nach vorn überdecken sich die Gesichtsfelder beider Augen. In diesem Bereich von 20°-30° sieht der Fisch die Gegenstände am deutlichsten.

Gegenüber manchen Tieren ist der Mensch auch in der zeitlichen Auflösungsfähigkeit seines Sehsinnes unterlegen, wie die Autoren der Ausstellung „Von Sinnen“ mit folgender Karikatur umschreiben:

Abb9

Abb.5:HighTechNatur     

Abb10

Abb. 6: Tabelle High TechNatur, Seite 108

High Tech Natur, Begleitbroschüre zu den Sonderausstellungen: Wachsen und bauen – Alles in Bewegung – Von Sinnen – ISSN1018-2462, November 2000, Herausgeber Natur-Museum Luzern, www.naturmuseum.ch

Verständlich wird diese Karikatur, wenn man sich vorstellt, dass die Ameise bewegte Fernsehbilder nicht als Film, sondern als Einzelbilder wahrnimmt. Eine vermutlich anstrengende Betrachtungsweise. Wie träge ist demgegenüber das menschliche Auge!

Die Grubenotter ist eine Schlange, die Wärme „sehen“ kann. Das spezielle Organ der Grubenotter kann noch Temperaturdifferenzen von 0,0003 Grad Celsius wahrnehmen. Schlangen registrieren Bewegung. Durch harte Auslese haben die Opfertiere gelernt, zu erstarren. Bei der Grubenotter allerdings, hat diese List keinen Erfolg. Ãœber einen „Infrarot-Detektor“ kann sie die abstrahlende Wärme ihres Opfertieres registrieren, wie das Beispiel mit der Maus zeigt:

Abb11
Abb11b

Abb.6: Bionik, Patente der Natur Seite 77  ( Bionik, Patente der Natur, WWF-Dokumentation, Pro Futura Verlag, München, 1991)     

Die Tierwelt hat noch einige solcher Überraschungen zu bieten. Jedoch würde diese Betrachtung weit über das eigentliche Thema hinaus führen. Dieser Exkurs sollte zum Nachdenken anregen. Denn, ich glaube, es ist angesichts jener Erkenntnisse gestattet zu fragen, ob wir nicht dazu neigen, die Fähigkeiten und Grenzen unserer menschlichen Spezies oftmals zu überschätzen.

Wir gehen als Pädagogen oft selbstverständlich davon aus, dass uns Grundschüler gegenüber sitzen, welche über voll ausgebildete Sinnesorgane verfügen, ohne zu bedenken, dass Entwicklungsverläufe sehr unterschiedlich verlaufen können und Kinder sehr unterschiedliche biologische und erfahrungsabhängige Voraussetzungen mitbringen.

Wenn wir dann feststellen, dass bestimmte Voraussetzungen unzureichend sind, gilt dies oftmals gleich als pathologisch. Wäre im Vergleich zu manchen „Leistungen“ in der Tierwelt die Spezies „Mensch“ unter diesen Gesichtspunkten nicht auch als pathologisch anzusehen?

Im nächsten Abschnitt (Wahrnehhmung III+ IV) sollen die wahrnehmungsrelevanten Bereiche des Sehens und Hörens in ihrer Entwicklung betrachtet werden.  Das visuelle System ist das am besten untersuchte System überhaupt. Allerdings gibt es nach wie vor Grenzen der Erklärbarkeit über die Entstehung von Wahrnehmungsgesetzen, Wahrnehmungstäuschungen und der Wahrnehmungsentwicklung.[1] 

Die Entwicklung der Sinneswahrnehmungen wird in der Literatur vornehmlich für das Säuglings- und Kleinkindalter beschrieben. Für das Grundschulalter werden die Quellen zunehmend spärlicher. Dies gilt sowohl für entwicklungspsychologische, als auch entwicklungsneurophysiologische Betrachtungen. Dies hängt u.a. auch mit den begrenzten Forschungsmöglichkeiten zusammen. Gerade die neurowissenschaftliche Forschung benötigt für die Untersuchung über bildgebende Verfahren, dass die Probanden möglichst bewegungslos und/oder eine “radioaktive” Infusion bekommen.

Zwar finden die augenfälligsten Entwicklungen im Säuglings- und Kleinkindalter statt, dennoch kann man – wie die vereinzelten empirischen Belege zeigen – auch bei den Sinnessystemen eines Grundschulkindes nicht von einer abgeschlossenen Entwicklung sprechen.


[1] Kurzer Ãœberblick zum Sehprozess: http://www.geometrie.tuwien.ac.at/asperl/projekt/stein5.htm (31.01.2008)

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  Monika Armand --  Diplom Pädagogin -- Dürkopstr. 20 -- 33790 Halle (Westf.) --  Email: MonikaAr(at)web.de